Ein weitverbreitetes, aber gut behandelbares Problem der Schienbeine
Autor des Artikels:
Physiotherapeut Dominik Klaes behandelt PatientInnen mit Beschwerden der Unteren Extremität (Hüfte, Knie, Fuß etc.), bei Sportlverletzungen sowie bei Operationen in seiner Praxis (Heidelberg) und
per Videotherapie.
Viele Menschen, die Laufsport betreiben, kennen das Schienbeinkantensyndrom. Ein häufig schmerzhaftes Problem der Schienbeine, mit in den meisten Fällen jedoch guter Prognose. Physiotherapie ist eine effektive Methode, um die Beschwerden zu lindern und wieder voll einsatzfähig zu werden. In diesem Blog erfahren betroffene Personen von mir als Physiotherapeut, was in der Therapie wichtig ist und was man selbst tun kann, um bald wieder fit zu sein.
Das steht über das Schienbeinkantensyndrom im Text:
- Was ist ein Schienbeinkantensyndrom?
- Die Ursachen des Schienbeinkantensyndroms
- Risikofaktoren fuer Schienbeinkantensyndrom
- Die Symptome eines Schienbeinkantensyndroms
- Die Diagnose des Schienbeinkantensyndroms
- Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es fuer das Schienbeinkantensyndrom?
- Kann man dem Schienbeinkantensyndrom vorbeugen?
- Fazit zu Schienbeinkantensyndrom
Was ist ein Schienbeinkantensyndrom
Viele Menschen, die Laufsport oder andere sportliche Aktivitäten betreiben, kennen das Problem: Ein unangenehmes Schmerzempfinden an der Innenseite des Unterschenkels, oft begleitet von einem
Spannungs- oder Druckgefühl. Die Diagnose kann in diesem Fall häufig Schienbeinkantensyndrom lauten. Als gleichbedeutende Bezeichnungen werden auch die Begriffe Shin Splints,
Tibiakantensyndrom, mediales Tibiakantensyndrom oder auch medial tibial stress syndrome (MTSS) verwendet.
Das Schienbeinkantensyndrom tritt vorwiegend bei Sportlern auf, die ihrem Körper keine ausreichende Erholung gönnen und zu schnell zu viel auf einmal trainieren (Überlastung). Aber keine Sorge:
In der Regel heilt das Schienbeinkantensyndrom gut ab und die Beschwerden lassen nach einer gewissen Zeit nach. Wichtig ist es in jedem Fall, die ersten Anzeichen ernst zu nehmen und rechtzeitig
etwas dagegen zu tun.
Denn je früher man mit der Behandlung beginnt, desto schneller kann man wieder voll im Training sein.
Die Ursachen für ein Schienbeinkantensyndrom
Obwohl es sich bei dem Schienbeinkantensyndrom um ein häufiges Beschwerdebild bei Läufern und Läuferinnen handelt, ist der exakte Entstehungsprozess noch nicht vollständig geklärt. Aktuell scheinen zwei Theorien (Zugkraft- und Biegetheorie) die wissenschaftliche Diskussion zu dominieren.
Die Zugkrafttheorie (Traktionstheorie) geht davon aus, dass die wiederholten Zugkräfte der Unterschenkelmuskulatur den Unterschenkelknochen (insbesondere die innere Schienbeinkante) unter Stress setzen. Man geht davon aus, dass es bei einem Ungleichgewicht zwischen Belastung und Erholung bzw. ausbleibender oder verzögerter Regeneration zu einer Überlastung kommen kann.
Die Unterschenkelbiegetheorie (Tibiabiegungstheorie) geht davon aus, dass die bei Belastung auftretende Biegekraft durch den Unterschenkelknochen nicht richtig regeneriert werden können. Genauer gesagt, dass die ablaufenden Regenerationsprozesse des Unterschenkelknochens nach einer Belastung verzögert oder gestört ablaufen. Dadurch wäre die Regeneration des Schienbeinknochens beeinträchtigt.
Welche der beiden Theorien (Zugkrafttheorie oder Unterschenkelbiegetheorie) die wahrscheinlichere ist, ist bis jetzt nicht abschließend geklärt.
Klar ist aber, dass die Ursachen für ein Scheinbeinkantensyndrom mit Belastung bzw. Überlastung und zu geringer Regeneration der Knochenstrukturen zusammenhängen.
Beeinflussbare Risikofaktoren für eine Überlastung des Schienbeines
Die Studienlage zeigt: Es gibt verschiedene Dinge, die dazu führen können, dass das Schienbeinkantensyndrom entsteht. Bei Betrachtung der Risikofaktoren ist es sinnvoll, diese in beeinflussbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren einzuteilen, um Maßnahmen ableiten zu können. Die Grafik verschafft einen Überblick über beeinflussbare Risikofaktoren, im Klapptext unten gibt es weitere Informationen.
Hohes Körpergewicht bzw. Body Mass Index
Sportler mit einem erhöhten Body Maß Index scheinen ein erhöhtes Risiko zu haben, ein Schienbeinkantensyndrom zu entwickeln. Dies liegt vermutlich an der höheren mechanischen Belastung des Knochens durch das höhere Körpergewicht. Es ist also nicht nur das Untergewicht mit zu niedriger Energiezufuhr (siehe weiter unten RED-S) ein Risikofaktor, sondern ebenfalls das Übergewicht mit zu hohen BMI.
Schienbeinkantenprobleme in der Vorgeschichte
Personen, die bereits einmal ein Schienbeinkantensyndrom in der Vergangenheit entwickelt hatten, haben ein deutlich erhöhtes Risiko erneut ein Schienbeinkantensyndrom zu entwickeln. Weiterhin
scheinen Personen, die mit dem Lauftraining beginnen sowie Personen, die ihr Trainingsprogramm abrupt verändern, besonders gefährdet.
Insbesondere die Kombination von einem vergangenen Schienbeinkantensyndrom und geringer Erfahrung im Lauftraining scheinen das Risiko zu erhöhen.
Einfluss der Ernährung bei Schienbeinkantensyndrom
Der Zusammenhang zwischen der Ernährung und der Knochengesundheit gilt als wissenschaftlich gefestigt. Dementsprechend sollte das Ernährungsverhalten von Sportlern mit einem Schienbeinkantensyndrom genau besprochen und gegebenenfalls untersucht werden.
Studien konnten zeigen, dass eine zu geringe Aufnahme von Calcium und Vitamin D das Risiko für eine Verletzung durch Überlastung des Knochens erhöhen kann. Leider sind die Angaben bezüglich der Dosierungen teils inkonsistent, ebendarum erfolgt an dieser Stelle keine konkrete Empfehlung zu Dosierungen.
Das Belastungsmuster der Füße
Auch das Belastungsmuster der Füße beim Lauftraining scheint einen Einfluss zu haben. Es zeigte sich, dass Personen, die beim Laufen mit der Ferse zuerst den Boden berühren, doppelt so häufig ein
Schienbeinkantensyndrom entwickeln als Personen, die mit dem Vorfuß aufsetzen.
Ein Landemuster beim Laufen, bei dem der Vorfuß zuerst den Boden berührt scheint, die Achillessehne zu stärken, den Bereich des vorderen Schienbeines zu entlasten sowie die Trittfrequenz zu
erhöhen. Diese Faktoren scheinen die Bodenreaktionskraft zu reduzieren.
Für betroffene Personen, könnte es also sinnvoll sein, ihren Laufstil langsam auf einen Vorfuß Stil umzustellen.
Veränderte Laufmechanik und Belastung der Schienbeine
In Bezug auf die Veränderung der Laufmechanik konnten mehrere Faktoren aufgezeigt werden, die das Risiko für ein Schienbeinkantensyndrom erhöhen:
- Besonders straffe Bänder im Übergang der seitlichen Hüfte zum Kniegelenk (illiotibalband)
- unzureichende Kraft der Hüftmuskulatur (Hüftabduktoren)
- ein Absinken des Beckens auf der nicht belasteten Seite beim Laufen
- ein nach außen knicken der Ferse beim Bodenkontakt
- ein weiter nach außen aufgesetzter Vorfuß als Folge der nach außen abweichenden Ferse
Die beschriebenen Abweichungen der Laufmechanik könnten zu einer Art „Überaktivierung“ der Fuß und Unterschenkelmuskulatur führen und dadurch die auf den Unterschenkel wirkenden Kräfte verstärken.
Die Schrittfrequenz beim Laufen oder Rennen
Die Schrittfrequenz scheint ebenfalls ein Faktor bei der Entwicklung eines Schienbeinkantensyndroms zu sein. Eine niedrige Schrittfrequenz scheint das Risiko für ein
Schienbeinkantensyndrom zu erhöhen.
Betroffene Personen sollten eventuell versuchen, ihre Schrittfrequenz zu erhöhen (mehrere, kleinere Schritte).
Der Einfluss der Laufschuhe auf die Belastung der Schienbeine
Traditionelle Laufschuhe besitzen häufig eine erhöhte Ferse, diese fördert ein Rückfuß Laufmuster (Ferse berührt zuerst den Boden). Sogenannte barfuß Schuhe, scheinen eher einen
Vorfuß Laufstil zu begünstigen. In vergleichenden Studien mit verschiedenen Schuhen konnte jedoch kein eindeutiger Unterschied festgestellt werden.
Dementsprechend sind pauschale Empfehlungen bezüglich der Laufschuhe beim Schienbeinkantensyndrom nicht möglich. Trotz inkonsistenter Studienlage wird empfohlen, Laufschuhe regelmäßig zu
ersetzen. Die Empfehlung, wann die Laufschuhe ersetzt werden sollten, lässt mit einer Spanne von 150 bis 300 km viel Platz zu Spekulation.
Einfluss von Rauchen, Alkohol, Substanzkonsum
Rauchen konnte als Risikofaktor für ein Schienbeinkantensyndrom identifiziert werden. Dies liegt vermutlich an der schlechteren Reparaturleistung des Bindegewebes als Folge des Rauchens.
Obwohl starker und ständiger Konsum von Alkohol sich nachgewiesen negativ auf die Knochengesundheit auswirkt, konnte kein klarer Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum und dem
Schienbeinkantensyndrom hergestellt werden. Das Gleiche gilt für den Konsum von Drogen.
Aufgrund von Forschungsergebnissen anderer Disziplinen, ist jedoch zu erwarten, dass auch der Konsum von Alkohol und Drogen (evtl. auch Medikamente) die Knochenheilung negativ beeinträchtigt.
Gering beeinflussbare Risikofaktoren für ein Schienbeinkantensyndrom
Neben den beeinflussbaren Risikofaktoren gibt es auch Risikofaktoren für ein Schienbeinkantensyndrom, die weniger stark beeinflussbar sind. Folgende Grafik gibt einen Überblick über wenig beeinflussbare Risikofaktoren des Schienbeinkantensyndroms. Im Ausklapptext finden sich weitere Informationen dazu.
Risikofaktor weibliches Geschlecht
Frauen haben ein erhöhtes Risiko, ein Schienbeinkantensyndrom zu entwickeln. Vermutliche Gründe dafür sind eine kürzere Schrittlänge sowie ein erhöhtes seitliches Absinken des Beckens beim Laufen
(pelvic drop). Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass der tiefe Wadenmuskel bei Frauen am Unterschenkel tiefer ansetzt als bei Männern. Somit ist auch die Belastungszone im tieferen Bereich des
Unterschenkelknochens angesiedelt.
Da ein Schienbeinkantensyndrom häufig in den unteren zwei Dritteln des Unterschenkels entsteht, könnte dies zu einer Häufung bei Frauen beitragen. Ein besonderes Risiko für ein
Schienbeinkantensyndrom sind Frauen ausgesetzt, bei denen die Kriterien des Female Athlete Triad and relative energy deficiency in Sport (RED-S) erfüllt sind.
Weibliche Risikogruppe: Athletinnen mit Energiedefizit (RED-S)
Bei dem als Female Athlete Triad and relative energy deficiency in Sport (RED-S) bezeichneten Phänomen, handelt es sich um eine Kombination verschiedenen Faktoren, die ein
Schienbeinkantensyndrom wahrscheinlicher machen. Im Kern geht es um die Wechselwirkung von zu wenig Verfügbarkeit von Energie (mit und ohne Essstörung), Störung der Menstruation und niedriger
Knochendichte.
Hauptproblem ist eine geringere Aufnahme von Energie, als von der Sportlerin verbraucht wird. Durch den Mangel an Energie werden Hormonhaushalt und Menstruationsfunktion sowie der Knochenaufbau
beeinträchtigt. Dies kann die Gesundheit der Athletinnen stark beeinträchtigen.
Das Risiko für eine Verletzung des Knochens durch Überlastung steigt mit Vorliegen eines der drei Faktoren (Störung der Menstruation, Störung Hormonhaushalt, Störung Knochenaufbau) um den Faktor
2,5. Athletinnen, bei denen zwei der genannten Komponenten zu treffen, haben ein 4,7-fach erhöhtes Risiko für eine Überlastungsverletzung des Knochens.
Insgesamt zeigt sich das Female Athlete Triad and relative energy deficiency in Sport (RED-S) besonders häufig im Bereich von Ausdauersportarten, Kraftsportarten sowie in Sportarten, in der das
Aussehen der Athletinnen eine große Rolle spielt. Weiterhin zeigt sich, dass Athletinnen, denen Schlankheit besonders wichtig ist, häufiger ein Schienbeinkantensyndrom entwickelten.
Symptome bei einer Überlastung der Schienbeinkante
Ein Schienbeinkantensyndrom äußert sich in erster Linie durch Schmerzen (teils auch diffus) im Bereich des Unterschenkels. Meist sind die letzten zwei Drittel der Innenseite des Unterschenkels,
oberhalb des Fußes, betroffen. Bei manchen Betroffenen strahlen die Schmerzen bis in den Fuß.
Viele Menschen, die regelmäßig Laufsport betreiben oder andere Ausdauersportarten ausüben, kennen das Problem: Eines Tages im Training treten Schmerzen am Knöchel auf, die sich bis in den
Unterschenkel ziehen und bei jeder Belastung stechend werden.
Häufig sind die Symptome bei Beginn der Belastung am stärksten und verbessern sich durch die Aktivität oder auch durch Ruhe bzw. Entlastung. Bei vielen ist dann schnell klar: Das ist ein
Schienbeinkantensyndrom!
Aber keine Sorge: Diese Verletzung ist nicht so schlimm, wie sie vielleicht klingt und hat – mit der richtigen Therapie – eine gute Prognose.
Diagnose des Schienbeinkantensyndroms
Ein Schienbeinkantensyndrom kann recht genau durch gründliche Anamnese (Aufnahmegespräch) und körperliche Untersuchung diagnostiziert werden. Wichtigster Teil im Diagnosegespräch mit dem Sportler
sind die Einzelheiten über Trainingsplanung, exakte Ausführung des Sportes, Untergründe, auf denen Sport ausgeübt wird. Ein Wechsel der Laufschuhe oder Laufstrecke etc. können für die Entstehung
ebenfalls relevant sein.
Weiterhin ist es wichtig zu erfragen, ob betroffene Personen ihr Trainingspensum in den Wochen oder Monaten vor der Entstehung der Beschwerden verändert haben. Die schnelle oder starke Steigerung
von Umfang oder Intensität des Trainings ist häufig Ursache für das Schienbeinkantensyndrom.
Röntgen & MRT bei Schienbeinkantensyndrom
Da die Diagnose häufig mithilfe der Vorgeschichte und der körperlichen Untersuchung gestellt werden kann, kommen bildgebende Untersuchungsverfahren wie ein MRT oder Röntgen eher selten zum
Einsatz.
In wenigen Fällen wird ein bildgebendes Untersuchungsverfahren genutzt, um einen Ermüdungsbruch des Knochens auszuschließen. Hierbei wird in der Regel das Verfahren der Magnetresonanztomographie
(MRT) einer Röntgenaufnahme vorgezogen.
Behandlungsmöglichkeiten bei Überlastung der Schienbeinknochen
Die wichtigste Therapieform beim Schienbeinkantensyndrom ist in der Regel die Beratung und Betreuung durch einen im Thema kompetenten Physiotherapeuten. Insbesondere zu Beginn der Physiotherapie kann es nötig sein, die Belastung signifikant zu reduzieren und dann stückweise wieder aufzubauen, um am Ende wieder die volle Sportfähigkeit zu erreichen.
Zum Ende der Behandlung ist es wichtig, die zukünftige Trainingsplanung zu optimieren, um einen Rückfall des Schienbeinkantensyndroms zu vermeiden. Mit den richtigen Tipps und Tricks von einem kompetenten Physiotherapeuten sind Sie bestens vorbereitet!
Physiotherapie bei Schienbeinkantensyndrom
Das Schienbeinkantensyndrom kann durch Physiotherapie in der Regel erfolgreich behandelt werden. Die Behandlung des
Schienbeinkantensyndroms lässt sich zur besseren Verständlichkeit in eine Frühphase, Übergangsphase und Endphase einteilen.
In der Frühphase ist es wichtig, die Belastung zu reduzieren und dann schrittweise wieder aufzubauen. Wenn die Symptome abklingen, können sportliche Aktivitäten in der
Übergangsphase allmählich wieder aufgenommen werden. Die Behandlung zielt darauf ab, in der Endphase, volle Sportfähigkeit zu erreichen und Rückfälle zu
vermeiden.
Neben Training und Therapie ist es wichtig, dass betroffene Personen lernen, zukünftig Belastung und Regeneration besser auszubalancieren. Da es sich beim Schienbeinkantensyndrom um eine
Verletzung durch Überlastung handelt, ist häufig ein Mangel an Regeneration Teil des Problems.
Um Rückfälle zu vermeiden, müssen betroffene Personen von ihrem Physiotherapeuten über die Prinzipien einer korrekten Trainingsplanung unter Berücksichtigung der Regeneration
unterrichtet werden.
Nicht betroffene Körperbereiche (z. B. Hüft- und Rumpfmuskulatur) sollten während der gesamten Therapiezeit weiter trainiert werden, um die Muskulatur aufrecht zu halten, oder weiter aufzubauen.
Physiotherapie in der Frühphase
In der Frühphase geht es häufig erst einmal darum, die überlasteten Strukturen zu schonen, damit Sie sich regenerieren können. Je nach Ausprägung des Schienbeinkantensyndroms muss teilweise über
längere Zeit in höherem Ausmaß entlastet werden. Bei ausgeprägten Formen kann das Nuten von Gehstützen für bis zu 6 Wochen nötig sein.
Diese Fälle sind aber eher die Ausnahme. In den meisten Fällen ist eine starke Reduktion der sportlichen und teils auch alltäglichen Belastungen ausreichend.
Physiotherapie in der Übergangsphase
In der Übergangsphase ist das wichtigste Ziel, die Belastbarkeit langsam und angepasst zu steigern. Das erste Ziel ist die vollständig schmerzfreie Alltagsbelastung der Betroffenen. Ist ein
schmerzfreier Alltag erreicht, geht es daran, die Rückkehr in den Sport vorzubereiten. Zunächst werden zu den Anforderungen der Sportart passende Übungen mit geringer Intensität ausgeführt und
die Intensität Stück für Stück gesteigert.
Zu Beginn werden eher Übungen mit geringer Kraftintensität (geringere Knochenbelastung) im betroffenen Bereich ausgeführt. Ein Training von Koordination, Kontrolle, Ausdauer und evtl.
Gangtraining ist in dieser Phase (je nach Patient und Ziel) das Mittel der Wahl.
Physiotherapie in der Endphase
In der Endphase werden zunehmend sportartspezifische Anforderungen mit entsprechenden Übungen trainiert. In dieser Phase wird die Intensität der Belastung Stück für Stück erhöht, bis die volle
Belastungsfähigkeit für den Sport erreicht ist. Das Anforderungsprofil unterscheidet sich je nach Sportart, beinhaltet aber häufig Gangtraining, Lauftraining, Reaktionstraining sowie Sprung- und
Krafttraining.
In dieser Phase ist es besonders wichtig, die Belastung richtig zu erhöhen, ohne erneut zu überlasten. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Patient und Physiotherapeut ist dafür unverzichtbar.
Ist die volle Sportfähigkeit erreicht, wird die zukünftige Trainingsplanung besprochen. Besonderes Augenmerk sollte darauf gelegt werden, betroffenen Personen das richtige Verhältnis von Belastung und Regeneration zu vermitteln.
Welche Fähigkeiten benötigt der Physiotherapeut?
Die Betreuung von Sportlern mit Schienbeinkantensyndrom verlangt vielzählige Fähigkeiten von den PhysiotherapeutInnen. Neben
umfangreichen Wissen über Trainingstherapie, der Steigerung von Belastung im Training, Trainingsplanung im Sport sowie der Diagnose Schienbeinkantensyndrom sind Fähigkeiten im Gesundheitscoaching nötig.
Um ein Schienbeinkantensyndrom erfolgreich behandeln zu können, sind häufig umfangreiche Verhaltensänderungen der betroffenen Personen erforderlich. Um als Physiotherapeut
Menschen im Prozess der Verhaltensänderung zu begleiten, sind Fähigkeiten des Gesundheitscoaching erforderlich. Teilweise muss
der geliebte Sport von Betroffenen für einen gewissen Zeitraum eingestellt werden.
Viele Betroffene haben Angst, das häufig mühsam erarbeitete Leistungslevel in diesem Zeitraum zu verlieren. Hier sind gute Kommunikationsfähigkeiten, Empathie, Verständnis, Zugewandtheit und
Klarheit von den PhysiotherapeutInnen gefordert.
Medikamente bei Schienbeinkantensyndrom
Häufig verwendete Schmerzmedikamente (Paracetamol bzw. Acetaminophen, Ibuprofen) zeigten in einigen Studien negative Effekten auf die Knochenheilung. Angesichts dessen wird empfohlen, wenn eher
Paracetamol, und das auch nur sparsam einzusetzen. Die Einnahme von Ibuprofen und anderen nicht steroidalen Antirheumatika sollte möglichst vermieden werden, um die Knochenheilung nicht zu
beeinträchtigen.
Die Einnahme (oder auch das weglassen) von Medikamenten sollte immer mit ärztlichem Fachpersonal abgestimmt werden.
Wie kann man eine Überlastung der Schienbeine vermeiden?
Wie sich ein Schienbeinkantensyndrom vermeiden lässt, ergibt sich aus der Entstehung. Wichtig ist primär Überlastungen zu vermeiden, das Trainingspensum oder die Gegebenheiten (Strecke, Schuhe
etc.) nicht in kürzester Zeit stark zu verändern und auf die Signale des Körpers zu hören. Insbesondere im Ausdauersport ist eine Kultur des Durchhaltens verbreitet. Diese mag für die sportliche
Leistungsfähigkeit von Vorteil sein, leider kann sie auch zur Überlastung der Körperstrukturen führen.
Erfolgreiche Sportler erbringen Höchstleistung über enorm lange Zeiträume, weil sie ein gutes Gefühl für die Phasen von Belastung und Regeneration haben. Die meisten Sportler können nicht ständig
auf einen großen Stab an Betreuern oder Trainern zurückgreifen, um sich beraten zu lassen.
Umso wichtiger ist es, rechtzeitig auf die Signale des eigenen Körpers zu hören und sich rechtzeitig kompetente Unterstützung bei jeweiligem Fachpersonal zu holen.
Zusammengefasst sollte man sich als Sportler klarmachen, dass jede kleine Veränderung im Training eine Anpassungsleistung des Körpers erforderlich macht. Diese Anpassungen benötigen Zeit und laufen häufig in der Phase der Erholung ab (nicht beim Training selbst). Zu geringe Erholungsphasen führen zu ausbleibender Anpassung und mittelfristig zur Überlastung der Strukturen.
Fazit: Schienbeinkantensyndrom, Shin Splints, Tibiakantensyndrom
Es ist wichtig, das Schienbeinkantensyndrom ernst zu nehmen und die Behandlung mit Physiotherapie so bald wie möglich zu beginnen.
Durch die Reduktion der Belastung und den schrittweisen Aufbau kann die volle Sportfähigkeit in aller Regel wiederhergestellt werden. Mit einer optimierten Trainingsplanung kann ein Rückfall in
Zukunft vermieden werden.
Die Behandlung eines Schienbeinkantensyndroms erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen PhysiotherapeutIn und den Betroffenen.
Fachliche Expertise, Geduld und Beharrlichkeit aller Beteiligten werden am Ende meist mit voller Sportfähigkeit belohnt.
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Autor: Dominik Klaes, Physiotherapeut in Heidelberg
Ich bin Dominik Klaes, Physiotherapeut, Krankengymnast, Personal Trainer und Gesundheitscoach in Heidelberg.
In meiner Praxis für Physiotherapie in Heidelberg, behandele ich Patienten mit Beschwerden des Bewegungsapparates (Gelenke, Muskeln,
Faszien, Bänder, Sehnen, Bandscheiben etc.). Dafür nutze ich mein Wissen aus der Physiotherapie, Krankengymnastik, dem Personal Training und dem Gesundheitscoaching.
Neben der Physiotherapie, Krankengymnastik, Manuelle Therapie und Personal
Training in Heidelberg betreue ich Wind- und Kitesurfer nach Verletzung oder bei Trainingsfragen in der Surfer-Sprechstunde (Online und Videotherapie) in ganz Deutschland.
Weitere Informationen zu meiner Person und mir gibt es unter dem Menüpunkt über mich.
Quellen für Artikel Schienbeinkantensyndrom
Bildverweise
Bild Läufer mit Canva Lizenz von Panuwat Dangsungnoen / EyeEm