Autor des Artikels:
Dominik Klaes ist Physiotherapeut und Gesundheitscoach mit eigener Praxis in Heidelberg. Neben der Arbeit mit seinen Patienten qualifizierte er sich im Gebiet der Gesundheitspsychologie.
Müssen Rückenbeschwerden und Hyperlordose zusammenhängen?
Oft bekommen PatientInnen mit Schmerzen in der Lendenwirbelsäule auf die Frage nach der Ursache ihrer Schmerzen die Antwort: „Das liegt an ihrem Hohlkreuz“. Ist ein Hohlkreuz eine Ursache für Rückenschmerzen? Ab wann spricht man überhaupt von einem Hohlkreuz? Und ist das wirklich eine mögliche Ursache für die Schmerzen? Welche Folgen ergeben sich für PatientInnen und den TherapeutInnen?
Diese Fragen sollen mithilfe der eigenen Berufserfahrung als Physiotherapeut, mit Praxis für Physiotherapie in Heidelberg und der Recherche wissenschaftlicher Artikel und Studien geklärt werden. Um sich dem Thema nun etwas genauer zu nähern, muss man sich zunächst
die physiologische, also „durchschnittliche“ Form der Wirbelsäule veranschaulichen.
Die Wirbelsäule ist nicht gerade, sondern besitzt zwei S-Schwingungen, die ihr ihre charakteristische Form verleihen. In der Hals- und Lendenwirbelsäule ist die Wirbelsäule nach vorn geneigt, man
spricht von einer Lordose (vom gr. λορδός (lordós = „vorwärts gekrümmt“). Im Gegensatz dazu ist die Brustwirbelsäule nach hinten geneigt, eine sog. Kyphose.
Wie wird ein Hohlkreuz festgestellt?
Um nun eine genaue Aussage über den Winkel der Vorneigung zu erhalten, führt der Arzt eine radiologische Untersuchung durch. Um jedoch eine genaue Aussage über den Winkel der Vorneigung zu erhalten, führt der Arzt eine radiologische Untersuchung durch. Ein Röntgenbild der Lendenwirbelsäule von der Seite gibt Aufschluss über die Stellung der Wirbelkörper zueinander.
Der Cobb-Winkel wird folgendermaßen bestimmt (siehe Abb. 1): die Deckplatte des ersten Lendenwirbelkörpers (L1) und die Deckplatte des ersten Sakralwirbelkörpers (S1) werden gewöhnlich zur
Messung des Winkels (LA) verwendet. Daher kann eine sichere Diagnose „Hohlkreuz“ nur mithilfe eines Röntgenbildes gestellt werden.
Blickdiagnostik allein ist sehr ungenau und gilt als nicht ausreichend, um die Form der Wirbelsäule korrekt zu beurteilen. So können unter anderem ein ausladender Bauch oder ein ausgeprägtes
Gesäß den Eindruck erwecken, man habe ein „Hohlkreuz“.
Faktoren, die eine ausgeprägte Lendenschwingung begünstigen
Es gibt vermutlich verschiedene Ursachen für eine vermehrte Lordose in der Lendenwirbelsäule. Die Studienlage zu diesem Thema ist jedoch unzureichend. Tendenziell mögliche Ursachen werden in beeinflussbare und nicht beeinflussbare Ursachen eingeteilt.
Nicht beeinflussbare Ursachen sind wahrscheinlich:
• Ausgeprägtes Wirbelgleiten (Spondylolisthesis)
• Angeborene Fehlstellungen
Beeinflussbare Ursachen sind wahrscheinlich:
• Muskuläre Ungleichgewichte (Dysbalancen)
• Muskuläre Schwäche
• Suboptimale Haltung und Belastung
• Übergewicht
Um ein muskuläres Ungleichgewicht ausfindig zu machen, eignet sich der Rumpf-Krafthausdauertest nach McGill (Mc Gill 2002, Biering-Sørensen 1984). Hier sollte eine vorgegebene Position eine bestimmte Zeit gehalten werden können. Eine Dysbalance wird deutlich, wenn eine Position im Vergleich zur anderen sehr lange oder sehr kurz gehalten werden kann. Die Normwerte liegen nach McGill für die beugende Muskulatur bei zwei Minuten, für die streckende Muskulatur bei drei Minuten und für die seitliche Muskulatur bei einer Minute und 25 Sekunden. Werden die Werte nicht, genauer gesagt nur teilweise erreicht oder gibt es starke Seitenunterschiede, liegt evtl. ein muskuläres Ungleichgewicht vor. Die Konsequenz daraus ist eine Wiederherstellung des Kräftegleichgewichts durch gezieltes Training.
Patienten mit diagnostizierter Spondylolisthesis (Gleitwirbel) neigen je nach Schweregrad der Erkrankung zu einer vermehrten Lordose der Lendenwirbelsäule (Labelle et al. 2004). Dadurch können weitere Abweichungen von der „durchschnittlichen“ Biomechanik der Wirbelsäule entstehen. Ob diese Abweichungen automatisch auch zu Problemen, Schmerzen oder Verstärkung der Schmerzen führen, ist wissenschaftlich nicht belegt (Been et. al. 2014).
Ist ein Hohlkreuz Ursache für Rückenschmerzen?
Eine Forschergruppe aus Amerika (Jackson et. al. 2000) kam in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass eine eher abgeflachte Lendenwirbelsäule sogar einen Risikofaktor für Schmerzen im
Lendenwirbelbereich darstellen kann. Das Ergebnis dieser Forscher steht also im direkten Gegensatz zu der Annahme, dass ein Hohlkreuz für Schmerzen im unteren Rücken verantwortlich ist. Eine
überdurchschnittlich ausgeprägte Lordose kann also unter Umständen etwas Positives sein.
Die von uns recherchierten Ergebnisse decken sich mit unseren Erfahrungen am Patienten. Rückenschmerzen in der Lendenwirbelsäule haben sowohl Patienten mit als auch ohne ausgeprägte Lordose.
Patienten mit „Hohlkreuz“ haben weder mehr noch weniger starke Schmerzen als Patienten mit „Normkreuz“ und profitieren im Schnitt genauso von der Physiotherapie wie alle anderen. In der Praxis sieht man auch Patienten mit ausgeprägter Lendenschwingung, die gar keine Schmerzen im Rücken haben oder hatten.
Fazit zum Hohlkreuz und Rückenschmerz
Nach Durchsicht der Untersuchungen und dem Vergleich mit meiner praktischen Erfahrung in der Physiotherapie komme ich zu dem Ergebnis,
dass ein Hohlkreuz nicht als kausale Ursache für Rückenschmerzen angesehen werden sollte. Es gibt sowohl Menschen mit Hohlkreuz und Rückenbeschwerden als auch ohne.
Da die Ursachen meist vielfältig und von Mensch zu Mensch verschieden sein können, ist eine individuelle Untersuchung sinnvoll, um der Schmerzursache auf den Grund zu gehen. Deshalb sollte jeder
Patient, ob mit oder ohne Hohlkreuz, individuell untersucht und behandelt werden.
Die definitive Aussage, dass ein Hohlkreuz ursächlich für Schmerzen im unteren Rücken ist, kann meiner Meinung nach aufgrund der aktuellen Studienlage nicht aufrechterhalten werden.
Ebenfalls interessant:
Autor: Physiotherapeut in Heidelberg Dominik Klaes
Ich bin Dominik Klaes, Physiotherapeut, Krankengymnast, Personal Trainer und Gesundheitscoach in Heidelberg.
In meiner Praxis für Physiotherapie in Heidelberg, behandele ich Patienten mit Beschwerden des Bewegungsapparates (Gelenke, Muskeln,
Faszien, Bänder, Sehnen, Bandscheiben etc.). Dafür nutze ich mein Wissen aus der Physiotherapie, Krankengymnastik, dem Personal Training und dem Gesundheitscoaching.
Neben der Physiotherapie, Krankengymnastik, Manuelle Therapie und Personal
Training in Heidelberg betreue ich Wind- und Kitesurfer nach Verletzung oder bei Trainingsfragen in der Surfer-Sprechstunde (Online und Videotherapie) in ganz Deutschland.
Weitere Informationen zu meiner Person und mir gibt es unter dem Menüpunkt über mich.