Prellung der Rippen beim Windsurfen lassen sich vermeiden
Autor des Artikels:
Physiotherapeut Dominik Klaes ist Windsurfer und behandelt PatientInnen mit Sportverletzungen sowie bei Operationen in seiner Praxis (Heidelberg) und per Videotherapie.
Eine Rippenprellung beim Windsurfen entsteht in der Regel durch Krafteinwirkung auf den knöchernen Brustkorb. Trotz teils starker Schmerzen sind die Rippen bei
einer Rippenprellung nicht gebrochen (Unterschied zu Rippenbruch). Bei den meisten Personen, die ich
als Physiotherapeut in Heidelberg oder in der Onlinesprechstunde versorge, ist die Rippenprellung
ausgelöst durch Kontakt mit dem Windsurfmaterial.
In diesem Artikel erfährst du, wie du eine Rippenprellung beim Windsurfen vermeiden kannst, was man bei einer Rippenprellung wissen sollte und was man selbst tun
kann.
Das steht über Rippenprellungen im Text:
Ursachen für Prellungen der Rippen beim Windsurfen
Rippenprellungen beim Windsurfen entstehen in der Regel durch den Kontakt mit dem Surfmaterial. Kollisionen mit dem eigenen Windsurfboard, dem Gabelbaum oder dem Mast bzw. Segel sind häufig und normaler Teil des Sports. Die meisten Kontakte mit dem Windsurfmaterial verlaufen folgenlos und ohne Verletzungen. Nehmen mit steigenden sportlichen Fähigkeiten Geschwindigkeit, Sprünge, Tricks etc. zu, steigt auch das Risiko für Verletzungen beim Windsurfen.
Ob ein Kontakt des Brustkorbes mit einer Verletzung der Rippen endet oder nicht, ist u. a. abhängig von der Stärke der Kollision. Je stärker die Kollisionskräfte sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung. Interessanterweise verletzen sich jedoch nicht nur erfahrene WindsurferInnen, auch Anfänger haben im Windsurfen ein höheres Verletzungsrisiko. Bei den Anfängern ist die größte Gefahr der ungeübte Umgang mit dem Material.
Symptome Rippenprellung
Eine Prellung der Rippen beim Windsurfen kann sehr schmerzhaft sein, da die Rippen mit empfindlicher Knochenhaut überzogen sind. In der Regel werden lokale Schmerzen im von der Krafteinwirkung betroffenen Körperbereich (i.R. Rippen) empfunden. Die Stärke der Schmerzen ist häufig abhängig von der Stärke der Kollision und kann von wenig spürbar mit kurzer Dauer bis stark schmerzhaft und langwierig verlaufen. Bei stärker schmerzhaften Verläufen können Bewegungen des Brustkorbs ebenfalls schmerzhaft (Atmen, Drehen, Neigen) sein.
Diagnostik, Komplikationen, Dauer, Behandlung, Physiotherapie...
Dieser Artikel soll sich v.a. mit der Frage befassen, wie du Verletzungen der Rippen beim Windsurfen vermeiden kannst. Deswegen werden hier nicht alle Feinheiten von Rippenprellung, Rippenbruch, Rippenverletzung oder Brustkorbprellung besprochen. Dafür habe ich einen zusätzlichen ausführlichen Artikel geschrieben mit dem Titel Rippenprellung: Ursache, Behandlung, Vermeidung, den du auch über den unten liegenden Button erreichen kannst.
7 Tipps wie du Rippenprellung beim Windsurfen vermeidest
Prellungen der Rippen können je nach Stärke sehr schmerzhaft sein und die eigene Beweglichkeit über
Wochen einschränken. Wer sich eine Rippe bricht, kann sich auf eine entsprechend noch längere Erholungszeit einstellen.
Die Forscher Nathason & Reinert zeigten in ihrer Untersuchung im Jahr 1999, dass der Rippenbruch mit 44 % der häufigste Knochenbruch unter den Verletzungen beim
Windsurfen war. Bei 70 % dieser Rippenbrüche wurden durch den Kontakt mit dem Gabelbaum ausgelöst. Ursächlich für die Rippenverletzungen
insgesamt waren hohe Geschwindigkeit und Katapult- bzw. Schleuderstürze.
Dementsprechend sinnvoll ist es, sich mit dem Thema der Verletzungsprävention zu beschäftigen. Ich gebe dir einige Tipps, wie du dein Risiko für Rippenverletzungen beim
Windsurfen reduzieren kannst.
1. Informiere dich über das Surfrevier (v.a. Untiefen, Hindernisse im Wasser)
Bevor du aufs Wasser gehst, solltest du wie jeder Windsurfer zunächst deine „Spot-Hausaufgaben“ erledigen. Informiere dich über das Surfgebiet im Netz (z. B. Lesen von Spotberichten) und schau dir vor Ort alles genau an. Am besten sprichst du mit den Windsurfern vor Ort über mögliche
Gefahrenstellen (Hindernisse, Schifffahrt, Strömung etc.) und Dinge, die zu beachten sind.
Da die meisten Verletzungen bei unkontrollierten Stürzen entstehen, ist es aus Perspektive der Verletzungsprävention besonders wichtig, Hindernisse unter der Wasseroberfläche zu kennen. Hierzu
zählen z. B. flache Stellen, Sandbänke, Fischreusen oder Ähnliches.
Beachte auch den Wellengang vor Ort und stimme deine Fahrweise unter Anbetracht deiner Fähigkeiten auf die Gegebenheiten ab. Als Anfänger, der gerade die ersten Gleitversuche machen möchte, ist
es evtl. besser sein Training in Gebieten mit keinem oder nur wenig Wellengang zu absolvieren. Dadurch sinkt die Gefahr von schweren Stürzen und infolgedessen von Verletzungen.
2. Kenne deine Limits, schätze dich richtig ein
Die eigenen Limits richtig einzuschätzen, ist nicht nur im Windsurfsport für viele Sportler eine Herausforderung. Wer sich zu wenig traut, hat evtl. Probleme, Fortschritte im eigenen Fahrkönnen
zu erzielen. Wer sich selbst überschätzt, geht in aller Regel ein deutlich höheres Verletzungsrisiko ein.
Als Physiotherapeut arbeite ich in meiner Physiotherapiepraxis in
Heidelberg (oder in der Onlinetherapie) auch mit verletzten Windsurfern. Dabei erlebe ich immer wieder, dass die eigenen Limits falsch eingeschätzt wurden. Viele Windsurfer müssen weite
Strecken zu ihrem Surfgebiet zurücklegen, die Zeit auf dem Wasser ist somit für viele Windsurfer begrenzt. Das kann dazu führen, dass einige Windsurfer, zu viele ehrgeizige Surfziele in zu kurzer
Zeit erreichen wollen.
Fortschritte im Windsurfen zu erzielen braucht Zeit, Erfahrung, Geduld, Beharrlichkeit und viele Stunden auf dem Wasser. Diese Faktoren bedingen einander und sollten in Balance gehalten werden.
Wer z. B. gerade erst mit dem Windsurfen angefangen hat und wenig Zeit hat auf das Wasser zu kommen, wird länger für seine Fortschritte benötigen. Dementsprechend muss mehr Beharrlichkeit
und Geduld eingeplant werden.
3. Wähle das richtige Material
Auch die Wahl des eigenen Materials für die Bedingungen vor Ort ist eine Wissenschaft für sich. Für viele Windsurfer ist bei Erreichen des Surfspots die erste Frage an die anderen Surfer: „Was
hast du aufgebaut?“. Bzgl. des Verletzungsrisikos beim Windsurfen kann allgemein festgehalten
werden, dass die Auswahl des Materials das Verletzungsrisiko beeinflussen kann.
Wer sein Material oberhalb der eigenen Leistungsfähigkeit auswählt, erhöht sein Verletzungsrisiko. Bei meinen Patienten waren häufig zu große Segel oder zu kleine Boards das Problem. Die Größe
des Boards sowie des Segels sollten zum eigenen Leistungslevel passen. Ein häufig beobachteter Fehler ist es, zu schnell auf ein zu kleines Board zu wechseln.
Neben der Größe des Windsurfsegels lässt sich über den Trimm des Segels bei böigen Bedingungen durch eine Vergrößerung des Loose Leech etwas Entlastung der Böen erreichen. Hierfür muss das Segel
mit etwas mehr Zug beim Trimm in der Verlängerung (Vorliekstrecker) aufgebaut werden.
Da sowohl die körperliche Konstitution (Größe, Gewicht, körperliche Leistungsfähigkeit) als auch das eigene Fahrkönnen sehr individuell sind, sind pauschale Materialempfehlungen schwierig. Wer
wenig Erfahrung mit dem Surfmaterial hat, sollte sich in einem guten Windsurfshop qualifiziert beraten lassen.
4. Sturz ohne eingehängtes Trapez: Entferne dich vom Material
Die Experten des Surf-Magazin empfehlen beim Sturz oder Schleudersturz, ohne eingehängtes Trapez sollte man (wenn möglich) versuchen Platz zwischen sich und dem Material zu schaffen. Dafür
kann das Material aktiv weggestoßen werden oder man springt selbst aktiv vom Material ab. Weiterhin ist es dabei sinnvoll, die Hände über den Kopf zu heben, um nicht das Segel (Mast, Gabel,
etc.) auf den Kopf zu bekommen.
Auch einen kurzen Augenblick unter Wasser zu bleiben, bevor man auftaucht, kann das Kollisionsrisiko mit auf dem Wasser aufschlagendem Surfmaterial reduzieren.
5. Sturz mit eingehängtem Trapez: Halte die Gabel fest & strecke die Arme!
Besonders wichtig bei einem Sturz oder Schleudersturz bei eingehängtem Trapez ist es, die Hände fest an der Gabel zu halten und die Arme eher gestreckt zu lassen. Durch die gestreckten Arme wird
der Gabelbaum auf Abstand zum eigenen Körper gehalten und die Wucht des Aufpralls abgebremst. Dieser Tipp ist besonders wichtig, wenn man noch im Trapez eingehängt ist.
Durch das Festhalten der Gabel und das Strecken der Arme kann der Kontakt mit dem Material, insbesondere mit dem Gabelbaum evtl. vermieden oder abgemildert werden. Dadurch sinkt das
Verletzungsrisiko.
6. Trage eine Prallschutzweste
Auch wenn das Tragen von Schutzkleidung für manchen Windsurfer (noch) ein ungewohnter Gedanke ist, ändert das nichts an deren Sinnhaftigkeit und Effektivität. Durch das Tragen einer
Prallschutzweste lässt sich das Risiko für eine Verletzung der Brustwirbelsäule, des
Brustkorbes oder einer Rippenprellung deutlich und verhältnismäßig einfach reduzieren.
Wichtig ist bei der Auswahl der Prallschutzweste darauf zu achten, dass die verarbeiteten Schutzpolster auch tatsächlich auf den Rippen aufsitzen und diese bedecken. Die Weste muss eng sitzen,
damit sie beim Windsurfen nicht nach oben rutscht, gleichzeitig muss genug Bewegungsfreiheit zum Windsurfen gegeben sein. Ich empfehle beim Kauf einer Prallschutzweste das eigene Trapez zur
Anprobe anzuziehen.
7. Mache Pause nach etwa einer Stunde
Eine 2003 durchgeführte Studie (Link unten) konnte zeigen, dass Verletzungen beim Windsurfen nach etwa 2 Stunden gehäuft auftreten. Die Häufung lässt sich durch zunehmende Ermüdung und der damit einhergehenden körperlichen Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit erklären.
Auf Basis dieser Untersuchungsergebnisse wird empfohlen, nach etwa einer Stunde durchgängigen Windsurfens jeweils eine kurze Pause einzulegen.
Was tun, wenn es doch passiert?
Wenn du dich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen beim Windsurfen verletzt hast, mach dir keine Vorwürfe. Stürze und Verletzungen gehören in gewissem Maße zum Windsurfen dazu. Sicher möchtest du wissen, wie es nach einer Rippenverletzung weitergeht, was dich erwartet und was du selbst tun kannst. Schau dir dafür am besten meinen ausführlichen Artikel zum Thema Rippenverletzung mit Klick auf den Button an.
Fazit: Prellungen der Rippen beim Windsurfen sind vermeidbar
Der Großteil der Rippenverletzungen beim Windsurfen kann verhindert werden, gleichzeitig ist eine komplette Vermeidung nicht möglich. Das Verletzungsrisiko lässt sich jedoch durch die Auswahl des richtigen Surfspots, durch korrektes Einschätzen der eigenen Leistungsfähigkeit, dem richtigen Verhalten beim Sturz, dem Tragen von Schutzkleidung sowie regelmäßiger Pausen deutlich reduzieren.
Auch wenn die Prellung einer Rippe in der Regel keine schwerwiegende Verletzung ist, so kann das Tragen von Schutzausrüstung eine teils wochenlange schmerzhafte Ausfallzeit verhindern.
Hier weiterlesen:
Autor: Dominik Klaes, Physiotherapeut für Windsurfer
Ich bin Dominik Klaes, Physiotherapeut, Krankengymnast, Personal Trainer und Gesundheitscoach in Heidelberg.
In meiner Praxis für Physiotherapie in Heidelberg, behandele ich Patienten mit Beschwerden des Bewegungsapparates (Gelenke, Muskeln,
Faszien, Bänder, Sehnen, Bandscheiben etc.). Dafür nutze ich mein Wissen aus der Physiotherapie, Krankengymnastik, dem Personal Training und dem Gesundheitscoaching.
Neben der Physiotherapie, Krankengymnastik, Manuelle Therapie und Personal Training in
Heidelberg betreue ich Wind- und Kitesurfer nach Verletzung oder bei Trainingsfragen in der Surfer-Sprechstunde
(Online und Videotherapie) in ganz Deutschland.
Weitere Informationen zu meiner Person und mir gibt es unter dem Menüpunkt über mich.
Quellen für Artikel Rippenprellung
- Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie (Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M. 2015)
- Verletzungen im Windsurfen – eine aktuelle deutschlandweite Erhebung 2010 Elsevier
- Verletzungen und Verletzungsmechanismen im Windsurfen 2003 Thieme Verlag
- Windsurfing Medicine von Francesco Feletti 2016 Springer Verlag
- Richtig Stürzen – Surf Magazin
Bildverweise
Foto im Seitenkopf von Alex Andrews von Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/menschen-gehen-3176048/